Insights News

Interview: KI für Echtzeit-Passagierinformationen

Paul Haufe (CTO, iris) im Gespräch mit Dr. André Ibisch (CEO, ViSenSys)

Die KI-Videoanalyse eröffnet neue Möglichkeiten für den öffentlichen Nahverkehr, von Echtzeit-Auslastungsdaten bis hin zur präzisen Objekterkennung. ViSenSys bringt die kamerabasierte Analyse direkt in das Fahrzeug und legt dabei großen Wert auf Datenschutz und zuverlässige Echtzeit-Ergebnisse. In diesem Interview spricht Paul Haufe, CTO von iris, mit Dr. André Ibisch, CEO von ViSenSys, über die Entwicklung der Technologie, ihre Bedeutung und darüber, wie beide Unternehmen die Zukunft der intelligenten Mobilität gestalten.

André, du hast das Unternehmen 2017 als Spin-off der TU Dortmund gegründet und dich schon sehr früh mit KI beschäftigt. Bevor wir ins Detail gehen, könntest du uns kurz ViSenSys vorstellen, seine Vision und was es so besonders macht?

Klar. Ich habe mich schon früh während meines Informatikstudiums für KI interessiert, vor allem für Bereiche wie Roboterfußball und Computer Vision. Dann habe ich an der Universität Bochum in digitaler Bildverarbeitung promoviert und mich dabei mit autonomem Fahren und der Erkennung von Gruppenemotionen beschäftigt. Weil mir KI und Computer Vision so viel Spaß gemacht haben, habe ich ein Spin-off-Unternehmen gegründet, das sich auf Intelligent Beobachter konzentriert. Und dieses Konzept entwickeln wir nun schon seit sieben Jahren weiter.

Du hast das Prinzip des Intelligenten Beobachters erwähnt. Kannst du kurz erklären, was genau das ist? Ein Produkt? Eine Philosophie? Eine Technologie?

Der Intelligente Beobachter ist der Oberbegriff für alle unsere Produkte. Im öffentlichen Nahverkehr geht's dabei hauptsächlich um Analysen, die direkt im Fahrzeug gemacht werden. Es werden keine Bild- oder Videodaten aus dem Fahrzeug rausgeschickt. Wir schicken nur Metadaten an die Kunden weiter, sodass es keine Datenschutzprobleme gibt.

Apropos Datenschutz: Gibt es Lösungen, die sicherstellen, dass die Datenschutzregeln voll eingehalten werden, wenn Videodaten doch an das Backend übertragen werden müssen?

Ja. In den letzten Jahren haben wir Lösungen für die Pseudonymisierung und Anonymisierung entwickelt. Wir können entweder Personen direkt im Video verpixeln, um eine sichere Wiedergabe zu ermöglichen, oder sie nachträglich vollständig anonymisieren.

Erzähl bitte, wie alles angefangen hat.

Anfangs hatten wir keinen klaren Fokus und haben uns mit verschiedenen Bereichen beschäftigt, wie Logistik, Produktion und Qualitätssicherung. Mit der Zeit haben wir ein wachsendes Interesse und einen klaren Bedarf im öffentlichen Nahverkehr festgestellt – vor allem bei der automatischen Fahrgastzählung mit Kameras, der Sitzplatzbelegung, der Auslastung und weiteren Funktionen, die für Verkehrsbetriebe einen Mehrwert bieten.

Wenn man fünf Jahre vorausblickt – was wird dann wichtig sein?

Wir haben mit der Belegungserkennung angefangen und wollen diese Infos in Echtzeit für die Kategorien Fahrgäste, Fahrräder, Kinderwagen und Rollstühle bereitstellen. So können die Leute ihre Reisen planen und Abteile mit genug Platz auswählen. Langfristig sehen wir großes Potenzial in der Erkennung von gefährlichen Situationen: Vandalismus, Notfälle oder Gewalt gegen Fahrgäste und Personal. Das ist definitiv die Richtung, in die es geht.

Kann man die Technologie, ausgehend von maschinellem Lernen und KI, so weiterentwickeln, dass sie auch andere Sachen erkennt, wie zum Beispiel Gepäck am Flughafen oder Skier in Shuttle-Zügen?

Klar. Wir haben schon mit der Rhätischen Bahn Projekte gemacht, bei denen Skier und Mountainbikes erkannt wurden. Die Technologie lässt sich leicht auf andere Sachen wie E-Scooter oder Gepäck anpassen.

iris und DILAX zählen schon lange Fahrgäste mit herkömmlichen Sensortechnologien – 2D, 3D, hauptsächlich an Türen – und das mit super Genauigkeit. Trotzdem seid ihr mit einer neuen Technologie auf den Markt gekommen. Warum hat das deiner Meinung nach geklappt?

Öffentliche Verkehrsbetriebe müssen aus Sicherheitsgründen Kameras einbauen. Unsere Idee war, diese vorhandenen Kameras für zusätzliche Funktionen zu nutzen. Das ist eine sehr gute Ergänzung zu herkömmlichen Technologien zur Fahrgastzählung. Man braucht nicht in jedem Fahrzeug Sensoren. Die Kombination von AFZ-Sensoren mit kamerabasierten Systemen und unseren Algorithmen sorgt für eine hervorragende Abdeckung.

Reden wir mal über Überschneidungen. Wo siehst du Gemeinsamkeiten zwischen unseren Technologien, vor allem beim maschinellen Lernen und bei der Sensorentwicklung?

Die Anwendungen sind die gleichen: automatische Personenzählung und Belegungserkennung. Die beiden Firmen passen super zusammen, sowohl technisch als auch was die Kundenbasis angeht. iris bringt viel Erfahrung, Know-how und ein großes internationales Netzwerk mit, das wir als junges Unternehmen erst nach und nach aufbauen konnten. Es ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten.

Kannst du kurz erklären, wie ViSenSys aufgebaut ist? Ihr seid ein Tech-Start-up, also wer macht was?

Wir sind hauptsächlich Entwickler. Wir haben noch eine Mitarbeiterin, die sich um die Verwaltung kümmert, und ich habe mich meistens um den Vertrieb gekümmert, weil ich es mag, mit Kunden über die Technologie zu reden. Aber im Grunde sind wir durch und durch Entwickler.

Danke für das Gespräch und die interessanten Einblicke, wie iris und ViSenSys den intelligenten, datengesteuerten öffentlichen Nahverkehr gemeinsamgestalten.

Kontaktieren Sie uns

Wir sind für Sie da